Der Weg ist das Ziel
Wenn man von Deutschland in Frankreichs Südwesten reist, so eröffnen sich einem grundsätzlich zwei Routen, abhängig vom Ziel eben. Ist das Ziel die Mittelmeerküste, eventuell gar die Nähe zur spanischen Grenze bei Perpignan oder aber Carcassonne, so bietet sich die Reiseroute über Lyon und Montpellier an. Hegt man jedoch den Wunsch etwas weiter nordwestlich in Richtung Atlantik zu landen, so könnte auch die Route über Bordeaux die Richtige sein. Wir setzen natürlich stets voraus, dass bei einer Reise auch ein Stück weit der Weg das Ziel sein könnte und so möchte ich hier auch diesbezüglich keine Empfehlungen aussprechen. Denn sofern man ins in die Cotes de Gascogne reisen möchte und vielleicht sogar die Winzergenossenschaft Plaimont aus Saint Mont zum Ziel hat, so sollte man auf alle Fälle auch den Weg als Ziel haben. Hierhin führt keine dreispurige Autobahn – hier fährt man ein gutes Stück Landstraße bzw. im besseren Fall noch die Route Nationale. Der Vorteil liegt hier auf der Hand: Man kann die wunderschöne Landschaft gleich während der Autofahrt genießen und bekommt einen guten ersten Eindruck von Land und Bevölkerung, wenn man pittoreske Hügellandschaften kurvt und in verschlafenen französischen Dörfchen jedes romantisch-stereotype Klischee erfüllt bekommt, da man gerade zum Tanken halten muss.
Geschichte und Moderne in Sud-Ouest
Ich nehme Euch mit auf die Reise zu Plaimont. Nahezu perfekt in Szene gesetzt wie eine mögliche Filmvorlage über eine romantische Reise in das echte, ländliche Frankreich. Hier, im Département Gers, ist nichts zersiedelt, alles ist weitläufig und dennoch eingerahmt in malerische Landschaften, die jedes Dorf einzigartig und unverwechselbar erscheinen lassen. Sanfte Anhöhen, Bach- und Flussläufe, Altbauten aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts. Kleine Sitzbänke vor den Häusern, um 11.00 Uhr morgens spielen ein paar Herren Boule und trinken dazu Pastis und Rotwein. Das Mittagessen ist heilig und wird ausgiebig zelebriert, denn stolz ist man hier auch auf das, was diese Landschaft hergibt. Es ist nicht nur der Wein, auf den ich weiter unten noch kommen werde. Die Bauern hier sind keine „Monokultur-Gläubigen“: Sie pflanzen und ernten Unterschiedliches, alles jedoch von sehr guter bis höchster Qualität. Und auch die tierisch erzeugten Produkte kann man hier getrost im oberen Regalfach verorten, denn mit dem Bigorre-Schwein angefangen hat man hier Einzigartiges zu bieten. Dieses Schwein stammt ursprünglich aus den Pyrenäen und ist daran gewöhnt, im Freien zu leben und sich sein Essen selbst zu suchen. Eine strikte Begrenzung der Population verhindert das Abrutschen ins Massenprodukt, dementsprechend hoch ist die Qualität des Fleisches. Die Schweine leben hier allerorten in kleinen Populationen und jagen kleine Tiere selbst, buddeln und wühlen nach Nahrung und werden obendrein mit Eicheln, Kastanien und Äpfeln zugefüttert. Wer vom Bigorre noch nicht gekostet hat, dem sei an dieser Stelle ein 36 Monate gereifter Schinken ans Herz gelegt, alternativ einfach in einer guten Brasserie ein Kotelett vom Bigorre bestellen – und hiernach nie wieder ein anderes Schweinekotelett als vorstellbar erachten. Aber ich schweife ab. Ich wollte ja zu Plaimont.
Doch so ganz weit abgeschweift bin ich gar nicht. Plaimont selbst ist ebenfalls mehr als eine Genossenschaft. Nicht nur, dass die Bauern und Landwirte sich hier alle zu kennen scheinen – immerhin 5 Anbaugebiete werden von dieser Genossenschaft abgedeckt – alle arbeiten hier auch für- und miteinander. Man trifft sich hier auch zufällig abends in einem Lokal – und freut sich von Herzen, wenn einem das Gegenüber erzählt, dass es ihm gut geht. Man ist befreundet.
Die Weinbauern von Plaimont sind mitunter nicht nur Winzer, sie sind zum Teil Landwirte aller Facetten. Wie oben beschrieben pflanzen sie Vieles an und Plaimont hilft ihnen dabei. Plaimont hilft ihnen auch dabei Tradition und Moderne zu verbinden. Hier wird bewahrt und geforscht, hier wird Geschichte vermittelt und für kommende Generationen Wissen angehäuft, um jedweden Herausforderungen begegnen zu können.
Plaimont ist kein Ort, es ist viele Orte. Plaimont steht für große Anstrengungen im Sinne und Geiste vieler Individuen, um die Identität dieses Landstrichs im Südwesten zu bewahren und nicht beliebig zu werden. Und das wiederum trifft natürlich auch auf den Weinbau hier zu. Als hervorstechendstes Beispiel sei hier das „Atelier des Cépages“ genannt, das Plaimont sein Eigen nennt. Und auch das ist vollkommen einzigartig. Hier wird geforscht und bewahrt. Zum Beispiel arbeitet man mit alten, nahezu ausgestorbenen Rebsorten, betreibt sogar Mikrovinifikation, um die Eigenheiten und An- und insbesondere Ausbaumöglichkeiten der Rebsorten kennenzulernen und zu verstehen. Denn in einigen Fällen, so zeigt sich bereits, könnten diese Rebsorten die Antwort der Natur auf den Klimawandel sein. Rebsorten, die vor hundert(en) Jahren auf Grund der Kühle der Zeit nicht genug Ertrag oder Substanz brachten, können heute problemlos zu Reife und Frucht kommen, während andere, die in den letzten Jahrzehnten die dominante Rolle übernommen hatten, mit der Erwärmung stark zu kämpfen haben. So vollzieht sich ein Wandel im Anbau, ganz langsam und im Hintergrund – nur eben in diesem Fall nicht durch Neuzüchtung, sondern durch das Lernen aus und Bewahren der Geschichte. Traditionelle Rebsorten können die Antwort sein auf die Fragen der Zukunft und die Arbeit von Plaimont spielt hierbei ganz offensichtlich eine Schlüsselrolle. Und wer sich nun fragt, wie die Rebsorten Tardif, Manseng Noir, Dubosc 1 und 2 oder Pédebernade schmecken, dem sei die Verkostung dieser Weine von Plaimont ans Herz gelegt. Ich werde mich heute nur mit einem Wein hier ausführlicher beschäftigen: Colombelle.
Colombard, Gros Manseng, Ugni Blanc – diese Rebsorten finden sich in den Weinen, die das Etikett „Colombelle“ tragen – nicht immer alle und nicht in immer dergleichen Assemblage. In diesem Jahr feiert Colombelle ihren 40.Geburtstag – und ich bin mittendrin. Doch wird dieses Jubiläum nicht im Südwesten gefeiert sondern standesgemäß in Paris. Ich folge der Einladung von Plaimont und feiere an einen Abend lang mit der Weinwelt in Paris die Colombelle Weine. Paris erwartet mich bei strahlendem Sonnenschein und ich kann tatsächlich noch auf Erkundungstour gehen. Mein Guide Olivier nimmt mich mit und zeigt mir Paris von seiner tatsächlichen Sonnenseite: Mein Hauptthema Genuss erhält hier nicht zuletzt durch die herrlichen Oktobersonnenstrahlen neue Nahrung. Und direkt nach der kurzen aber intensiven Tour durch Paris folgt der Abend im Restaurant Babille. Entspannt und gelöst, Verkostungen und Gespräche, eingebettet in ein oder zwei kurze Laudatios. So wie Colombelle eben ist, so gestaltet sich auch dieser Festakt: Freundlich, beschwingt und mit gutem Trinkfluß 😉 Doch soll die Feier am Rande bleiben – ich rede über Wein.
Jahrgangspräsentation Colombelle in Paris
Paris….
Colombard ist hier die Hauptrebsorte der Weißweine. Colombard steht für Frische, Zitrus, Exotik und eine großen Trinkspaß. Besonders spannend: Jedes Jahr erscheint Colombelle in einem neuen Design. Und in diesem (Geburtstags-)Jahr kommt ein kleines Augenzwinkern auf dem Etikett hinzu: Es sind zwei Etiketten in einem, die man mit einer 3D-Brille erkennen kann. Die eine Seite zeigt die Arbeit der Winzer, die unermüdlich das Beste aus den Reben zu holen suchen. Die andere Seite steht für die vielen schönen Momente, in denen man diesen Wein genießen kann – und davon soll es mehr als genug geben.
Neben der diesjährigen limitierten Geburtstags-Edition gibt es noch zwei weitere Varianten. Natürlich „Colombelle L’Original“, eine Assemblage aus Colombard und Ugni Blanc, die für Frische und Balance steht. Daneben gibt es noch „Charmes de Colombelle“, ein restsüßer Genuss aus Gros Manseng, der perfekt zu Desserts passt.
Die Weine aus der Côtes de Gascogne bringen durch die Böden und das besondere Klima immer eine erfrischende Leichtigkeit mit sich. Hier ist gute Laune im Glas garantiert – ein echtes Highlight, nicht nur für den Sommer!
Ein Abend Colombelle für mich – und meine Laune ist gut. Nicht wegen des Alkohols, sondern wegen der beschwingten Leichtigkeit, die diese Weine vermitteln.
Und auch das ist Plaimont. Leichtigkeit. Denn bei aller Sorge und Fürsorge um Reben, Tradition, Forschung, Ausbau und Naturschutz wirkt hier alles dennoch leicht und beschwingt, freundschaftlich und vertraut, warm und angenehm. Die Menschen wirken vertraut wie die Landschaft, man kommt hier sofort an und möchte im Grund nicht mehr weg – genauso wenig, wie man Colombelle hergeben möchte. Versuchts doch mal selbst und genießt diese Leichtigkeit des Seins. Sie ist mitnichten unerträglich, man freundet sich schnell an, vertraut mir.