Weinreise Georgien

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03.September 2024: Auf nach Tiflis. 

Nachtflug mit Zwischenstopp in München. Im Hotel komme ich um morgens um 06.00 Uhr an und bin erschöpft. Aber zwei Stunden Schlaf sollten genügen um diesen Trip ausreichend genießen zu können. Ich reise schließlich nicht alleine und einige meiner Weggefährten tragen das gleiche Schicksal. Also gilt: Geteiltes Leid ist halbes Leid. 

04. September 2024: Tiflis 

Um 10 Uhr startet mein erster (richtiger) Tag in Georgien. Unser Ziel ist die „Wine Factory No.1“ – das älteste Weingut des Landes, das nicht nur für seine historische Bedeutung, sondern auch für seine besondere Lage mitten in Tiflis bekannt ist. Hier erhalten wir eine Einführung in das Weinland Georgien und seine traditionsreiche Weingeschichte. Die Kultivierung der Weinrebe geht hier auf die frühesten Zivilisationen zurück, und man vermutet, dass die Menschen hier zufällig entdeckten, dass Weintrauben, die zu gären beginnen, einen besonderen Geschmack entwickeln. 

Nach der Einführung ist mir bereits klar: Georgien ist nicht nur eines der ältesten Weinländer der Welt, sondern auch eines der Vielfältigsten. Die tief verwurzelte Weinkultur des Landes ist mehr als nur ein Zweig in der landwirtschaftlichen Produktionskette –  sie ist Bestandteil der georgischen Identität. 

Kurz darauf wird aus einem geschichtlichen Abriss etwas Greifbares: Die Herstellung von Wein im traditionellen Qvevri, einem großen, tonnenförmigen Tongefäß, das im Boden eingegraben wird. Diese Methode, die seit Tausenden von Jahren praktiziert wird, ist einzigartig und ebenso tief in der georgischen Weintradition verwurzelt. 

Bevor wir mit der Führung starten, möchte ich euch aber noch kurz Maka vorstellen: 

Maka ist unsere Reiseleiterin – ein wandelndes Lexikon und ein wahrer Quell an Informationen. Bei jeder Gelegenheit werden uns Fakten, Geschichten und Geschichte mit auf den Weg gegeben. Wusstet Ihr zum Beispiel, dass Georgien nicht nur ein, sondern drei verschiedene Alphabete hat? Diese historischen Schriftsysteme spiegeln die lange Geschichte und kulturelle Vielfalt des Landes wider. Neben Georgisch werden auch andere Sprachen gesprochen: Abchasisch, Mingrelisch und Swanetisch gehören zu den vier Hauptsprachen, die in den unterschiedlichen Regionen des Landes genutzt werden. 

Wein als Symbol des Lebens: „Deda“ 

Unser Tag in Tiflis geht nun weiter mit einem Besuch der über 20 Meter hohen Kartlis Deda, der Mutter Georgiens, einer beeindruckenden Statue, die über der Stadt thront. Der einfachste Weg dorthin: die Seilbahn, die uns von der Altstadt direkt zur Statue bringt.  

Der Wettergott meint es heute übrigens außerordentlich gut mit uns. 32C Grad und wolkenloser Himmel bedeuten für uns, dass wir bei jedem POI-Stopp ein Schattenplätzchen suchen. Maka dagegen scheint die Hitze nicht einmal zu bemerken – sie ist in ihrem Element und erzählt ohne Pause über Tiflis´ Geschichte. 

Die georgische Statue „Deda“, die über Tiflis wacht, symbolisiert die georgische Weintradition und -identität auf eindrucksvolle Weise: In der einen Hand hält sie ein Schwert – das Symbol das Land zu schützen. In der anderen Hand jedoch eine Schale Wein. Diese Statue repräsentiert u.a. die georgische Gastfreundschaft und den tiefen Respekt vor der Tradition des Weins, der in Georgien nicht nur als Getränk, sondern als ein Geschenk des Lebens selbst betrachtet wird. 

Tiflis – Einblicke in Tiflis Stadtgeschichte und Religionen 

Tiflis selbst ist eine Stadt mit bewegter Geschichte, die sich besonders in ihrer Architektur und ihrer kulturellen Vielfalt widerspiegelt. Seit ihrer Gründung im 5. Jahrhundert hat die Stadt viele Epochen durchlebt und verschiedenste Einflüsse aufgenommen. Sie war immer ein Schmelztiegel der Kulturen und Religionen: Die Hauptreligion in Georgien ist das georgisch-orthodoxe Christentum, doch in Tiflis finden sich ebenso viele Moscheen und Synagogen.
Architektonisch interessant sind die traditionellen Holzbalkongebäude in Tiflis. Während die typisch georgischen Balkone offen und weitläufig sind, sind die Balkone in muslimisch geprägten Vierteln oft komplett mit Holz bis oben verschlossen, was einen schönen architektonischen Kontrast darstellt. 

Das Leben in Tiflis findet größtenteils draußen statt. Besonders im Sommer, wenn die Temperaturen oft über 30 Grad steigen, bevorzugen es die Menschen, auf den Straßen oder in Cafés im Schatten der Bäume zu verweilen.  
Uns erscheint die Hitze auf unserem zweistündigen Spaziergang durch den Botanischen Garten intensiver als anderswo, allerdings bietet der Garten mit seiner üppigen Vegetation und den schattigen Wegen eine willkommene Abwechslung zur Hitze der Stadt. 

Supra: Lunch im Restaurant Keto i Kote 

Das Mittagessen nehmen wir im Restaurant Keto i Kote ein – ein absoluter Geheimtipp. Versteckt in
Tiflis´Hügeln belohnt das Restaurant seine Gäste nicht nur mit stilvoller Einrichtung, sondern auch mit fantastischem georgischen Essen.  Hier wird uns auch sogleich die Tradition der Supra nähergebracht: Das traditionelle georgische  Festmahl. 

Bei einer Supra kommen Freunde und Familie zusammen, es werden unzählige verschiedene Gerichte serviert, während ein Tamada (ein Tischmeister) Trinksprüche hält. Die Supra ist mehr als nur ein Essen. Sie ist ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem der Wein eine zentrale Rolle spielt und das Gemeinschaftsgefühl zelebriert wird.

Das Jvari-Kloster 

Am Nachmittag machen wir einen kurzen Stopp am Jvari-Kloster. Dieses georgisch-orthodoxe Kloster aus dem 6. Jahrhundert ist nicht nur ein spiritueller Ort, sondern auch architektonisch von großer Bedeutung. Seit 1996 gehört es zum UNESCO-Weltkulturerbe. Das Kloster thront majestätisch auf einem Hügel, von dem aus man einen atemberaubenden Blick auf die Mündung der Flüsse Kura und Aragvi hat. Besonders beeindruckend sind die alten Fresken im Inneren des Klosters, die uns einen Einblick in die jahrhundertealte religiöse Geschichte Georgiens gaben. 

Jvari-Kloster

Obststand beim Kloster

die Straße, die Tiflis mit Wladikawkas verbindet

Georgien präsentiert sich an diesem Tag als ein Land, das stolz auf seine Geschichte, Kultur und Vielfalt ist. Von der reichen Weinkultur über die eindrucksvollen religiösen Stätten bis hin zur herzlichen Gastfreundschaft der Menschen ist Georgien durchweg ein Land, das jeden Besucher mit offenen Armen empfängt und eine spannende Mischung aus Vergangenheit und Moderne bietet. 

Mir persönlich begegnen allerdings noch andere Schicksale. Die Straßenhunde haben meine Aufmerksamkeit, die sich hier und – wie ich noch feststellen werde – überall in Georgien aufhalten. Sie sind sehr freundlich, menschenbezogen und freuen sich über jede Streicheleinheit. Ich bin ja selbst jahrzehntelange Hundemama und mein Herz blutet ein wenig, aber ich kann sie leider nicht mitnehmen. Es fällt mir schwer zu akzeptieren, dass die Hunde hier keine Bezugspersonen zu haben scheinen, einfach Niemanden, der sich um sie kümmert.  

Château Mukhrani 

Nach unserem Besuch in Tiflis führt uns die Reise weiter zum berühmten Château Mukhrani, einem der ältesten und renommiertesten Weingüter Georgiens. Dieses Anwesen liegt in der Weinregion Kartli, was übersetzt „Meister des Waldes“ bedeutet. 

Das Weingut kombiniert internationale Rebsorten wie Chardonnay, Sauvignon Blanc, Syrah und Cabernet Sauvignon mit alten einheimischen alten Rebsorten wie Chinebuli, Shavkapito und Tavkveri. Die derzeit ältesten Flaschen des Weinguts aus dem Jahr 2007 werden in der Schatzkammer aufbewahrt, doch in der Regel werden georgische Weine jung getrunken. 

Typische Aromen der Weissweine von Château Mukhrani umfassen Trockenkräuter, Quitte, Pfirsich und eine leichte Mandelbitterkeit. Der deutsche Winzer Patrick Honnef, der ursprünglich aus Bad Honnef kommt, ist seit über 12 Jahren in Georgien tätig. Mit seinem Studium des Weinbaus in Heilbronn und seiner Erfahrung aus Bordeaux, wo er am Château de Giscours arbeitete, bringt er wertvolles modernes Wissen zu Château Mukhrani. Patrick konzentriert sich vor allem darauf, bei den Weißweinen mehr florale und fruchtige Noten hervorzuarbeiten, dabei aber ganz ohne den Einsatz von Reinzuchthefen. 

Unsere Fragen beantwortet Patrick ausführlich. Bei einigen persönlicheren Fragen bemerke ich, wie verbunden er zwischenzeitlich mit Georgien und seiner Bevölkerung ist. Unsere Frage, ob er sich eine Rückkehr nach Deutschland vorstellen könne, erscheint irgendwie obsolet. 

Weinprobe im Château Mukhrani 

Wir starten mit einem leichten und frischen Chinebuli, dessen Name auf die grüne Farbe der Trauben verweist. Mit nur 11,5% Alkohol und sehr sanften Fruchtnoten ist das ein idealer Einstieg. Danach gibt es Goruli Mtswane, der mit 12,5% etwas aromatischer aber „super drinky“ ist. 

Der Sauvignon Blanc überrascht uns mit einer harmonischen Mischung aus Muskatnoten und schöner Struktur bei einem Alkoholgehalt von 13%. Besonders beeindruckend war der Qvevri-Wein aus Katsitelli und Mtsvane, der für sechs Monate im Tongefäß gereift war und sich als eleganter Orangewein präsentierte. 

Unter den Rotweinen gefällt mir der Shavkapito 2021 mit 13,5% Alkohol, der sanfte Frische und wenig Tannine mitbringt. Der Tavkveri besonders beerig und aromatisch, während die Syrah-, Petit Verdot- und Cabernet Sauvignon-Cuvee würzig und intensiv daherkommen. Der Höhepunkt der Probe ist ein Saperavi aus dem Jahr 2012, der immer noch unglaublich frisch über die Zunge kommt und mit Aromen von Cassis und getrockneten Wiesenkräutern beeindruckt. 

Ausführliche Hard Facts zu Weinregionen, Rebsorten etc. habe ich Euch übrigens weiter unten zusammengestellt. Einfach hier klicken ;-). 

In Georgien wird das Essen immer in großen Mengen aufgetischt – es darf niemand hungrig bleiben. So viel habe ich bereits gelernt. Und der Tisch bzw. die Teller dürfen niemals leer werden – das gebietet die traditionelle georgische Etikette.  Alles wird zum Teilen serviert, und es gibt eine Vielzahl von frischen Gemüsespeisen. Besonders beliebt sind Maisbrot und knusprige, mit Fleisch gefüllte Fladen. Käse spielt ebenfalls eine große Rolle in der georgischen Küche. Von allem wird reichlich aufgetischt und ich kann wirklich garantieren, dass niemand hungrig bleibt an diesem Tisch. Fun Fact: Desserts sind in Georgien eher selten, da die Mahlzeiten lange dauern und das Essen im Vordergrund steht. 

Ein interessanter Aspekt der georgischen Küche ist der geringe Milchverbrauch, da intensive Landwirtschaft in vielen Teilen des Landes unüblich ist. Stattdessen halten viele Dorfbewohner ihre Tiere traditionell und bauen ihre Produkte weitestgehend selbst an. Schweinefleisch ist in Georgien zwar selten, doch wenn es serviert wird, ist es von außergewöhnlicher Qualität, da die Tiere frei herumlaufen und artgerecht gehalten werden, wie uns Patrick berichtet. 

05. September 2024 

Mit einer Tasse Kaffee starte ich nach einer erholsamen Nacht in den Tag und nehme Abschied vom Moxi Hotel in Tiflis . Wir machen uns sodann auf den Weg nach Kachetien, der bekanntesten und größten Weinregion Georgiens. Die Fahrt dauert knapp drei Stunden und führt uns über eine beeindruckende Passstraße, die bis auf 1600 Meter ansteigt. Die Aussicht ist atemberaubend: Hoch aufragende Gipfel und tiefe Täler geleiten uns den Weg, während die Schotterpisten unserem fahrbaren Untersatz zusetzen. Wenngleich die Aussichten hier wirklich jeden Schnappschuss wert sind, so ist die Fahrt selbst doch ein wenig „abenteuerlich“, was zuweilen an unserem Busfahrer liegen könnte. Der scheint zwar mit den Straßen sehr vertraut und insbesondere die möglichen Höchstgeschwindigkeiten mehrfach ausgetestet zu haben, bringt allerdings manch einen aus unserer Gruppe doch dazu, sich freiwillig anzuschnallen. 

Unser Ziel ist Telavi, eine charmante Kleinstadt mit etwa 21.000 Einwohnern im Herzen Kachetiens und am Fuße des majestätischen Kaukasus. 75% der georgischen Weinberge liegen hier, was Kachetien zur zentralen Weinhochburg des Landes macht. Hier werden einige der besten und bekanntesten Weine Georgiens produziert. 

Besuch der Shumi Winery

Shumi Winery ist ein besonderer Ort: Hier werden viele georgische, aber auch internationale Rebsorten als Anschauungsmaterial sowie Studieren angebaut, eine eigene kleine Rebschule sozusagen. Darunter befinden sich auch einige seltene und fast vergessene Sorten. Unsere Reisezeit ist diesbezüglich perfekt, da die Trauben bereits reif sind und ich so die verschiedenen Rebsorten direkt nebeneinander verkosten kann…in ihrem ursprünglichen Zustand sozusagen.   
Besonders beeindruckt mich die traditionelle Traubenpresse (Satsnakheli), die aus einem einzigen Baumstamm geschnitzt wurde und für die Herstellung von Qvevri-Weinen genutzt wird. Das Weingut hat ein kleines Museum mit alten Weinartefakten eingerichtet, um den Besuchern die eigene Geschichte und die Geschichte des Weinbaus in Georgien näher zu bringen. 

Das Wappen der Shumi Winery ziert ein Greif, der sich auf „Phaskunji“ bezieht, ein Wesen aus der georgischen Mythologie. Der Legende nach brachte der Greif den Menschen die allerersten Trauben, und aus diesen Trauben begannen die Menschen, auf der Erde Reben anzubauen. 

Die hiesige Schatzkammer beherbergt Weine, die bis ins Jahr 2001 zurückgehen, wobei der Weinkeller selbst bereits 1997 erbaut wurde. Hier lagern einige der wertvollsten Flaschen des Hauses, die durch ihre Lagerung an Qualität und Tiefe gewinnen. 
Fun fact am Rande: Der Name Shumi leitet sich von einem alten georgischen Wort ab, das so viel bedeutet wie: Authentischer, unverdünnter Wein. 

Insgesamt bewirtschaftet das Weingut rund 300 Hektar Weinberge und setzt dabei konsequent auf biologischen Anbau.  

Besonders stolz ist das Weingut auf Salome, den ersten Demeter-zertifizierten Wein, der nach strengen biodynamischen Prinzipien hergestellt wird. Diese Linie ist jedoch sehr limitiert – maximal 2000 Flaschen werden davon in den besten Jahrgängen produziert. 

Spezialitäten und Besonderheiten bei Shumi 

Eiswein: Sein einzigartige Textur erlangt er durch die Gärung Samt schalen im Qvevri. Eine weitere Rarität ist der Zigu, ein aufgespriteter Wein, der aus mehr als 300 verschiedenen Rebsorten gewonnen wird; eine Hommage an die enorme Vielfalt der georgischen Weinkultur. 

Berühmt ist auch die georgische Süßspeise Churchkhela und wir bekamen die Chance, das süße Zeug selbst auf dem Weingut herzustellen. Es sieht am Ende aus wie eine Kerze, besteht aus Walnuß und dickflüssig eingekochtem Traubensaft. Man kann sich denken, wie viel Energie diese Nahrungsquelle für Krieger früher lieferte. 

Teigtaschen mit Fleischfüllung – das erinnert an viele andere europäische und asiatische Gerichte. In Georgien Khinkali genannt werden sie uns bei Shumi zum Mittagessen gereicht. Je nach Region variieren die Füllungen, im Grund besteht diese jedoch aus unterschiedlich gewürzten Fleischvarianten. Die Form allerdings ist das Entscheidende: Khinkali sollen in ihrer Form die Sonne repräsentieren und im Idealfall 18 nach außen zeigende Falten tragen. 

Die Chelti Winery: Familienweingut in 2. Generation  

Nach dem Mittagessen geht es für uns zur Chelti Winery. Wir werden direkt von Anna und ihrem Bruder Andrea empfangen. Die Geschwister führen das Weingut gemeinsam mit ihren Eltern seit 2001. Chelti bewirtschaftet etwa 80 Hektar Weinberge und produziert daraus etwa 400.000 Flaschen pro Jahr. Im Marani (dem georgischen Weinkeller) von Chelti finden sich Qvevri mit einem Fassungsvermögen von bis zu 1.500 Litern. Weißweine reifen hier etwa sechs Monate, während die Rotweine nach nur einem Monat weiterverarbeitet werden. Für den weiteren Ausbau in Holzfässern werden nur gebrauchte Holzfässer verwendet, dabei wird zudem auf Filtration und Schönung verzichtet. 

Die Familie glaubt fest daran, dass die Energie der Menschen, die mit dem Wein arbeiten, in den Prozess einfließt. Daher wird hier die Tradition gelebt und weitergegeben:  Während des Gärprozesses wird gesungen, um positive Energie in den Wein zu bringen – eine uralte Tradition, die sich bis heute im Weingut hält. 

Die Verkostung findet im familiären Rahmen beim Abendessen statt; ich kann mich etwas entspannen, denn mein kleiner persönlicher Fun Fact zieht: Das Weingut kannte ich bereits von meinem Besuch bei der Eurovino in Karlsruhe im März . 

Lopota Lake Resort – Entspannung pur  

Nur eine kurze Fahrt bis zu unserer nächsten Unterkunft, die idyllisch an einem See gelegen ist: das Lopota Lake Resort. Für uns und insbesondere mich heisst das: Entspannung nach einem Tag voller Erlebnisse und Informationen. Ich fühle mich müde, aber nicht zu müde, um nicht noch einen Absacker an der Bar zu nehmen. Ein gemütliches Beisammensitzen mit meinen Mitreisenden und georgischem Schaumwein lässt mich der Nacht zufrieden entgegenblicken – der Schlaf wird mich holen. Ganz sicher, ganz schnell ;-). 

06.September 2024 

Château Buera  

Mittendrin im Lake Resort befindet sich das rund 5 Hektar große Château Buera. Auf dem Weg zum Chateau können wir Arbeiter und Erntehelfer beobachten, wie sie mit der Lese beginnen. Die Lesezeitpunkte korrespondieren komplett mit mittel- und südeuropäischen.  

40.000 Flaschen jährlich, natürlich auch mit Qvevri. Der Ausbau erfolgt zudem hauptsächlich in französischer Eiche und ab 2025 auch noch bio-zertifiziert. Benannt ist das Chateau übrigens nach der weißen Rebsorte Buera, die direkt vor dem Haupthaus angebaut wird.  

Kleine Kellerführung, Weinprobe und weiter geht’s.  

Tsinandali Estate / Museum von Alexander Chavchavadze 

Nach der Verkostung führte unser Weg zum Tsinandali Estate, dem ehemaligen Anwesen des georgischen Dichters und Staatsmannes Alexander Chavchavadze. Er brachte einst die französische Methode der Weinherstellung ins Land, nach der Wein ohne Hautkontakt hergestellt wird.   

Weingut Chona Marani: Handwerkskunst im kleinen Maßstab  

Und weiter geht’s zu Chona Marani. Das erste Weingut, das ausschließlich mit Qvevri arbeitet, wobei lediglich 3 Hektar bewirtschaftet werden. Der Ertrag von rund 13.000 Flaschen hält sich somit in engen Grenzen. Allerdings waren die 4 verkosteten Weine allesamt von der eleganten Sorte. Am meisten beeindruckt hat mich die Cuvee aus Chinuri und Rkatsitelli, die mit frischen Kräuternoten daherkam. Sehr schön balancierte Säure, dazu reife gelbe Steinfrüchte. Die Tannine kernig, aber trotzdem harmonisch. 

Das Tasting findet übrigens im Wohnzimmer von Georgi und seiner Frau Elena statt. Als wir dann – aus unserer Sicht logisch – nach „Spuckis“ fragen, bringen sie uns verlegen ein paar emaillierte Schalen. Wein ist hier zum Trinken gemacht 😉 

Tbilvino Winery: Going Big 

6 Millionen Flaschen sind die Zahl zum letzten Weingut dieses Tages. Damit gehört Tbilyvino zu den größten Weinproduzenten Georgiens und ist einer der Hauptakteure in diesem Wirtschaftszweig. Die Verkostung gabs direkt im Keller: Fass- und Tankproben. 

Nekresi Estate: Dinner  

Der Tag endet. Und obwohl man in Georgien irgendwie niemals hungrig werden kann, wartet auf uns mal wieder ein Dinner. Zum Nekresi Estate gehört auch ein Weingut und wir bekommen u.a. den Pet-Nat Tsitska sowie den Mtsvane Qvevri zum Verkosten. Das Essen ist ausgezeichnet, die Weine passend. Am schönsten aber empfinde ich das Gesamtbild, das Gebäude samt umliegender Landschaft. Wunderschön und malerisch eingebettet – hier macht Genießen gleich nochmal so viel Spaß. Ein würdiger Ausklang eines langen Tages.  

07.September 2024 

Abschied von Kakheti und Rückkehr nach Tiflis 

Unser letzter Tag in Kakheti beginnt früh: Auschecken und Abfahrt, dann geht’s sofort zum Tchotiashvili Cellar

Tchotiashvili Cellar: Tradition und Liebe zum Detail  

Der Marani (Ihr wisst schon: der traditionelle Weinkeller) beherbergt hier einige der ältesten Qvevris. Im Garten aber befindet sich ein Exemplar aus dem 10.Jahrhundert. Wirklich beeindruckend.  

Aktuelle Qvevris fassen hier 1.000 bis 2.000 Liter; die Mindestgrößen hierfür, um noch von innen reinigen zu können. Auch hier wird zur Gärung gesungen – so langsam gewöhne ich mich an diese Weinherstellung – oder ist es die positive Energie, die auch auf mich übergeht? 

Die Flaschen gelangen erst nach drei Jahren in den Verkauf, was die Geduld und Hingabe des Weinguts zeigt. Seit 2013 ist Tchotiashvili Cellar offiziell als Weingut registriert, der erste Jahrgang stammt jedoch bereits aus 2009.

Die Verkostung bringt für mich auch hier einen kleinen Schmeichler: Ein Montepulciano Rosé, der der Tochter des Weinmachers gewidmet ist. Sommer, Sonne, sanft und elegant – weich und samtig. Ich fühle mich wohl – und dennoch müssen wir weiter zum nächsten Weingut. Oder besser gesagt: In den nächsten Keller. 

Teliani Valley: Eine der größten Kellereien des Landes 

Teliani Valley wurde 1997 gegründet und produziert jährlich bis zu 20 Millionen Flaschen Wein. Ein Großteil der Weine wird in Deutschland über Edeka, Lidl und Rewe vertrieben, mit einer speziellen Linie für den deutschen Markt. Ihr Ziel ist es, georgische Weine für den breiten Markt zu produzieren. So bekommt man hier beispielsweise einen Pseudo-Qvevri-Wein, welcher nach der traditionellen Methode hergestellt wurde. Der Ausbau erfolgt jedoch anstelle der Tonamphoren im Edelstahl, wodurch der Wein insgesamt weicher und zugänglicher wird. 

Unter dem Namen „Wine People“ bringt Teliani seltene, vergessene Rebsorten aus Georgien zurück in den Markt. In Zusammenarbeit mit Winzern aus der Region erzählt jede Flasche die Geschichte der Menschen, die hinter den Weinen stehen. Die Kollektion setzt es sich zum Ziel, diese einzigartigen Trauben, die oft in kleinen Familienkellern zu finden sind, wiederzubeleben und sie Weinenthusiasten auf der ganzen Welt vorzustellen. 

Das Projekt bietet auch kleinen Winzern eine Bühne, da diese die produzierten Flaschen über Teliani vertreiben dürfen und ihre Weine auf beispielsweise auf großen Weinmessen präsentieren können. Der Erlös kommt komplett den Winzern zugute. Das Ganze klingt nach einem spannenden Projekt für mich und vor allem nach einer Blaupause. Sieht das noch jemand so wie ich? 

Rückkehr nach Tiflis: Dinner und Abschied  

Zwei Stunden sind nicht viel Zeit um zu packen, vor allem aber nicht, um sich auszuruhen. Denn nach dem Abendessen wird es wenig bis gar keinen Schlaf geben, bevor ich die Reise zurück nach Deutschland antreten werde.  

Um 20.30 Uhr treffen wird uns im Funicular Restaurant und haben zu unserem Abschiedsdinner einen atemberaubenden Blick über die Stadt. Lichter erzählen Geschichte, Tradition und Moderne werden in den Schatten nacherzählt. Ich verabschiede mich in Gedanken bereits langsam und mir wird bewusst, welch großartige Erfahrungen ich sammeln durfte. Ein Land mit bewegter Geschichte, einer unfassbar langen (Weinbau-)Tradition und dennoch derart der Moderne zugewandt, wie man es selten andernorts antreffen wird. Die diesem Land innewohnende Dialektik spiegelt sich auch in den Weinen wider – es ist schwer für mich, Favoriten zu benennen. Aufregend und erfrischend waren die Entdeckungen, in allen Fällen aber nachhaltig werden die Erinnerungen bleiben.  

Nach dem Abendessen dann die Wahl: Ein bis zwei Stunden Schlaf? Oder….ooooder  mit den anderen noch ne Weinbar in Tiflis aufsuchen? Es soll hier ja richtig gute Pet Nats geben… 
Klare Sache, oder? So landen wir also in der Underground Bar und der Abschluss-Schäumer wird in der Lutra Bar getrunken. So. jetzt aber Finito für den Tag. Flugzeug wartet. 

Dann heißt es Abschied nehmen, um 02:00 Uhr werden wir abgeholt. Auf zum Flughafen und obgleich unser Flug nach München eine Stunde Verspätung hat, erreichen wir den Anschlussflug nach Frankfurt problemlos. Zurück in einer anderen Welt bin ich froh, dass die mitgebrachten Weinflaschen und Geschenke überlebt haben. Ich sage ein letztes Mal Danke.  

Danke, Georgien. Danke, für Deine Gastfreundschaft und Danke für beeindruckende Weine und lebendige Geschichte(n)! 

Hard Facts 

10 Weinanbauregionen – ein kleiner Überblick. 

  • Kachetien
    Die wichtigste und größte Weinregion, die etwa 70% der georgischen Weinproduktion ausmacht. Berühmt für Saperavi (Rotwein) und Rkatsiteli (Weißwein). Die Region ist für den traditionellen Qvevri-Weinbau bekannt und liegt im Osten des Landes, zu Füßen des Großen Kaukasus. 
  • Kartlien
    Eine kleinere Region in Zentralgeorgien, bekannt für ihre Weißweine und Schaumweine. Der Weinbau hier erfolgt sowohl in modernen als auch traditionellen Verfahren. 
  • Imeretien 
    Diese westgeorgische Region hat eine lange Weinbaugeschichte und ist bekannt für Weine aus den Rebsorten Tsolikouri, Krakhuna und Otskhanuri Sapere. Die Qvevri-Technik wird hier verwendet, jedoch meist ohne die Schalen während der Fermentation. 
  • Racha-Lechkhumi 
    Eine kleine Region im Norden, spezialisiert auf die halbsüßen Rotweine aus der Rebsorte Aleksandrouli und Mujuretuli, insbesondere der Khvanchkara-Wein. Das kühle Klima ist ideal für die Produktion hochwertiger, einzigartiger Weine. 
  • Guria 
    Diese Region an der Schwarzmeerküste ist bekannt für seltene Rebsorten wie Chkhaveri, die für Rosé- und Weißweine verwendet wird. Der Weinbau in Guria ist weniger intensiv, aber sehr traditionsreich. 
  • Mingrelien 
    Auch im Westen Georgiens gelegen, ist Mingrelien bekannt für seine halbsüßen Weißweine aus lokalen Rebsorten wie Tsolikouri. Hier wird der Weinbau oft in kleinen Familienweingütern praktiziert.
  • Adjara 
    Eine Region an der Schwarzmeerküste mit mediterranem Klima, bekannt für ihre leichten Weißweine. Traditioneller Weinbau wird hier noch betrieben, aber moderne Methoden setzen sich immer mehr durch. 
  • Swanetien 
    Eine der abgelegensten Weinregionen im Großen Kaukasus. Hier wird auf steilen Berghängen Wein angebaut, oft für den Eigengebrauch. Der Weinbau ist sehr kleinteilig und oft noch handwerklich geprägt. 
  • Meskheti
    Eine alte Weinbauregion im Süden, die für ihre Rekultivierung alter Rebsorten bekannt ist. Meskhetische Weine sind oft sehr rustikal und naturbelassen. 
  • Abchasien 
    In dieser umstrittenen Region werden Weine aus einheimischen Rebsorten wie Avasiruli und Agubani hergestellt. Abchasien hat eine lange Tradition im Weinbau, die jedoch durch politische Spannungen beeinträchtigt ist. 

Rebsorten im Überblick

  • 525 Rebsorte gibt es in Georgien, von denen heute noch rund 25 angebaut werden. 
  • Die traditionellen Qvevris – Tongefäße, die für die Fermentation genutzt werden – waren früher deutlich kleiner. Heute gibt es Qvevris mit einer Kapazität von 100 bis zu 3.000 oder 4.000 Litern. 
  • Rund 75% des georgischen Weins wird aus weißen Rebsorten gewonnen, während 25% rot sind. 
  • Das Land verfügt über etwa 55.000 Hektar Weinberge und hat 26 PDOs (geschützte Ursprungsbezeichnungen), die für die Qualität und Herkunft des Weins garantieren. 
  • Kachetien, die wichtigste Weinregion, ist für den Anbau von etwa 70% des gesamten georgischen Weins verantwortlich.  
  • Zu den bedeutendsten Rebsorten gehören der weiße Rkatsiteli, der aromatische Mtsvane und der tiefrote Saperavi.  
  • Insgesamt gibt es 20 PDOs, die den geschützten Ursprung des Weins sicherstellen. 

Georgien hat mit seinen 525 verschiedenen Rebsorten eine beeindruckende Vielfalt zu bieten. Doch nur etwa 25 dieser Rebsorten werden heute in größerem Umfang angebaut. Hier ist ein Überblick über einige der wichtigsten und bekanntesten Sorten: 

  • Rkatsiteli 
    Eine der meistangebauten weißen Rebsorten, bekannt für ihre frischen und fruchtigen Aromen. Sie wird häufig für die Herstellung von Amberwein verwendet.
     
  • Mtsvane
    Diese Rebsorte wird oft mit Rkatsiteli verschnitten und verleiht dem Wein zusätzliche Frische und florale Noten. 
  • Saperavi 
    Die bedeutendste rote Rebsorte Georgiens, die tiefrote, kräftige Weine mit viel Struktur und Reifepotenzial hervorbringt. Sie ist besonders in der Region Kachetien verbreitet. 
  • Chinuri 
    Eine weiße Rebsorte, die für die Herstellung von spritzigen und leichten Weinen bekannt ist, oft auch für georgischen Schaumwein verwendet. 
  • Tsolikouri 
    Eine weiße Traube aus dem Westen Georgiens, die fruchtige und mineralische Weine hervorbringt und sich gut für süße und trockene Weine eignet. 

Diese Rebsorten, in Kombination mit den einzigartigen Anbaumethoden und der Verwendung von Qvevris, machen den georgischen Wein zu einem unverwechselbaren Erlebnis. Georgien ist nicht nur die Wiege des Weins, sondern auch ein Ort, an dem sich alte Traditionen und moderne Winzerkunst auf einzigartige Weise vereinen.