La Dolce Vita
Die Toskana. Für viele der Inbegriff eines Lebens in Italien. Olivenhaine, Weinberge und Meer. La Dolce Vita, das süße Leben. Ich habe mich oft gefragt, ob das Leben wirklich süßer ist anderswo. Und welches Lebensgefühl wohl genau damit gemeint sein dürfte. Denn natürlich hat jeder von uns Sehnsuchtsorte, also Orte oder Landschaften, wo er sich immer wieder selbst hin wünscht und sich auch vorstellt, dort (schöner und besser?) zu leben. Ist die Toskana ein solcher Ort für mich?
Durchfahren oder Passieren ist ja nicht gleichzusetzen mit einem Aufenthalt. Ein Aufenthalt umfasst für mich, dass ich mich auf die Region, die Landschaft, das Land und die Leute einstimme. Und natürlich auf das Essen…und den Wein. Ja, es ist merkwürdig, aber ich kann mir keinen Aufenthalt mehr so richtig vorstellen, ohne dass es dort auch Wein gäbe. Und Essen. Und natürlich könnte ich mir auch kein „süßes Leben“ vorstellen ohne Wein. Oder ohne Essen 😉
Aber machen wir uns auf den Weg. Mein zweiter (längerer) Aufenthalt in der Toskana ist geprägt von Vorfreude. Die Unterkunft auf einem Weingut ist gebucht, wir sind mit unserem Bus unterwegs und haben die Hunde dabei. Das Wetter verspricht frühsommerliche Tage und ich habe Laune. Recht schnell verfliegt der gestern noch präsente Arbeitsstress als wir Parma passieren und Richtung Pisa unterwegs sind. Irgendwann beginnt es. Ich kann nicht mehr genau sagen, an welchem Kilometer oder bei welcher Stadt das ist, aber die Toskana liegt plötzlich vor mir. Sanfte Hügellandschaften, Weinberge erstrecken sich saftig grün wie wabernde Seidentücher über den Horizont. Wir fahren weiter und selbst auf der Autobahn ist das Meer im Westen zu sehen. Gut, die Straßen hier sollten nicht unbedingt mit Blattfederung befahren werden und die Geschwindigkeitsbeschränkungen sind dann doch eher Empfehlungen für die Einheimischen. Für uns aber ist hier tatsächlich immer noch der Weg das Ziel. Unser tatsächliches Reiseziel (zur Unterkunft) liegt bei Grosseto – gerade so weit im Hinterland, dass man von Touristenströmen verschont bleibt und dennoch so nah am Meer, dass sich die Ausflüge problemlos lohnen.
Ruhe, Genuss und ganz viel Natur – Il Sassone
Unser Domizil ist ein Weingut. Und selbstredend stehen hier auch jede Menge Olivenbäume. Wäre da nicht die mehrere Kilometer lange Zufahrt, die vom Belag her eher einer Baustellenstrecke ähnelt, so wäre alles perfekt angerichtet. Wunderschön und erhaben auf einer Anhöhe liegt „Il Sassone“, 15 Autominuten von Grosseto entfernt. 7 Zimmer sind hier buchbar in zwei unterschiedlichen Kategorien. Allen gemein ist die Chance auf Halb- oder Vollpension. Neben einem wundervollen Ausblick nach Südwesten bietet Il Sassone eigentlich alles, was einen entspannen lässt. Pool, Wanderwege, Naturpark, eigener Weinbau, Servicepersonal und eine Köchin; diese steht einem nahezu rund um die Uhr zur Verfügung und zaubert auch für den kleinen Hunger zwischendurch Pastaklassiker und Salate. Die Abendessen sind eine Empfehlung: Man erhält für 40,-€ p.P. ein klassisches italienisches 4-Gang-Menu inklusive Wein und Wasser. Wirklich Spitze.
Genuss wird hier gelebt
Aber kommen wir zur Toskana selbst. Endlose Hügelketten ziehen sich – wie oben beschrieben – durch die Lande. Es duftet allerorten nach wildem Rosmarin, Thymian und Salbei. Man kann die mediterrane Küche hier beim Spazierengehen aufnehmen und schmecken. Und kehrt man überdies in einer der vielen Küstenortschaften in eine Trattoria ein, so wird man nie enttäuscht. Beeindruckend. Und nonchalant. Beeindruckend nonchalant kommen sie daher, die Pizzen, die Pasta, die Primi und die Weinflaschen natürlich auch. Wir verlieren uns beinahe wieder in endlosen Gesprächen über Weine, Weingüter und Geschmackskompositionen. Wir nehmen Ideen auf und probieren, verkosten und variieren. Und am Ende des Tages ist das dann Inspiration. Erholung, Genuss, Inspiration – exakt das, was ich gerade brauche. In diesen Momenten. Kreativität kehrt zurück, Antrieb und Motivation und ich greife natürlich als Abschluss zu einer der köstlichen anmutenden Dolce. Und in diesem Moment kommt er mir in den Sinn, dieser Begriff: La Dolce Vita. Jetzt. In diesem Augenblick ist es rund, an der Grenze zur Perfektion. Das süße Leben. Ich mag es.
Keine Reise ohne Weingutsbesuch
Und Wein? Ja, den gibt es natürlich auch zu entdecken. Wir fahren weiter in Richtung Süden, noch etwas mehr als eine Stunde und wir wären im Grund schon in Rom. Aber vorher biegen wir kurz ab ins Landesinnere und besuchen das Weingut Bruni in der Maremma. Ein Familienweingut, das erst in den 70ern komplett vom Obstbau auf Weinbau schwenkte. Und hier ist man ein Familienweingut geblieben. Kein Industriebetrieb, sehr viel Handarbeit, fast ausnahmslos biologischer Anbau. Kein Zukauf. Nur wenige Rebsorten, diese dafür aber in toller Qualität. Uns begeistern beinahe alle Weine und Marco Bruni, einer der beiden Inhaber-Brüder, nimmt sich Zeit. Er führt herum, er erklärt, er lässt anfassen und er verkostet mit uns zusammen. Stolz wird im Keller präsentiert, was sich draußen erahnen lässt. Unsere Favoriten hier bei Bruni sind ganz klar der Vermentino Plinio und Marteto, ein so typisch untypischer Vertreter seiner Zunft hier in der Toskana. Die beiden findet Ihr natürlich auch bei uns in der Vinothek – und was wir darüber denken, das könnt Ihr hier zusammen mit den hard facts nachlesen:
Tja, die Toskana. Bevor ich aber wieder mit nach Hause in die Vinothek nehme, hab ich noch ein paar kleine Tipps für Euch für den Fall, dass Ihr mal in der Ecke seid:
Talamone: Ein Fels, ein Dorf, sehr viel Geschichte und definitiv einen Ausflug wert. Nicht nur wegen der herrlichen Ausblicke rüber nach Sardinien. Auch die kleinen Trattorias halten, was sie versprechen. Historische Toskana auf ganz kleinem Fleck, direkt am (im) Meer. Wunderschön.
Ristorante „Il Peccato“ in Piombino: Ja, Piombino ist auch eine Reise wert. Wenngleich zur Hauptsaison etwas touristisch so lebt hier abseits der High Season immer noch das wahre Italien auf. Winzige Gässchen, kleine Cafés, kochende Nonnas, Carabinieri im Zentrum und gaaanz viel Leben. Dazu ein Restaurant, das keine Wünsche offen lässt. Moderne toskanische Küche mit viel Kreativität und Handwerk – die grandiosen Pizzen sind aber hier wirklich nur Einstieg. Geht zu Vielen hin und probiert Euch durch die Karte – auch die Weinkarte ist echt passabel und bietet auch abseits der üblichen Schankwaren eine gute Auswahl.
So. Und jetzt ab mit Euch, zurück in die Realität. Besucht die Toskana selbst und erlebt „das süße Leben“. Hier gibt es noch so viel mehr zu Erleben und Entdecken – viel mehr als ich in diesen wenigen Zeilen schreiben könnte. Aber vielleicht kommt Ihr ja auch mal in unserer Vinothek in Gaiberg bei Heidelberg vorbei? Ich bin mir sicher, dass wir Euch auch dort ein Stückchen Dolce Vita für Euch parat haben.
